4. Sonntag vor der Passionszeit 2025

Eine Bildbetrachtung: Rembrandt, Die Sturmstillung (1633)

Hier finden Sie den Predigttext:
Markus 4, 35-41

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Wie wirkt die Szene auf Sie?

Aufwühlend, wie die aufgewühlte See?
Es gibt keinen Halt.
Lähmend?
Ohnmächtig stehe ich dem Leben gegenüber?
Die Wogen des Schicksals schlagen über mir zusammen?
Ich werde in einen Abgrund gerissen?
Irgendwie auch anziehend?
Ich kenne ja die Geschichte. Jesus hilft.
Tröstlich vielleicht gar?
Ein Spielball der Wellen – ein realistisches Bild für mein Leben, aber es gibt auch Hoffnung!
Es ist ein und dasselbe Bild, das so unterschiedlich wirkt.

Was sehen wir darauf – ohne zu deuten?

Wir sehen von schräg oben auf das Decke eines Segelschiffes. Auf ihm befinden sich einige Männer. Das Meer ist aufgewühlt. Gewaltige Wellen bringen das Boot fast zum Kentern. Gischt sprüht über den hoch aufragenden Bug. Die windgeblähten Segel sind zerfetzt. Ein Seil ist bereits gerissen und hochgeschnellt. Einige Männer versuchen die Segel zu reffen. Sie stemmen sich gegen den Sturm. Andere klammern sich mit letzter Kraft am Boot fest, während der Mann am Ruder vergeblich versucht, das steuerlose Schiff zu dirigieren.

Einer der Männer scheint zu schlafen. Wir wissen: der Schlafende ist Jesus. Ein anderer ist seekrank geworden. Er erbricht sich über Bord. Ein Dritter versucht, den Schlafenden wachzurütteln.

Wie hat Rembrandt das Bild gestaltet? Wie gelingt es ihm, Wirkung zu erzielen?

Da ist zum einen der Aufbau. Boot und Mast ergeben zwei sich schneidende Diagonalen. Schiff scheint kaum in einen viereckigen Rahmen zu passen, scheint aus dem Rahmen zu stürzen. Die Instabilität der Szene springt dadurch sofort ins Auge. Das Schiff kann jeden Augenblick in die Tiefe stürzen.

Zum anderen sind da Licht und Schatten. Rembrandt ist im Umgang damit ein Meister. Und da ist folgendes auffällig: Die um das Schiff kämpfenden Männer auf der linken Bildseite sind grell beleuchtet. Auf der rechten Bildseite herrscht beinahe Dunkelheit. Decken Sie einmal die linke, helle Seite ab, dann sehen Sie auf einmal eine Szene größter Ruhe um Jesus herum. Wäre da nicht der sich übergebende Jünger an der Reling und einer, der den schlafenden Jesus zu wecken versucht, so könnte man meinen, hier sind die Jünger in Andacht um Jesus versammelt, um seinen Worten zu lauschen.

Was will uns Rembrandt mitteilen?

Gewiss imponiert uns, wie detailgenau Rembrandt malt. Man merkt, dass er sich auskennt mit Schiffen und den Gefahren der Seefahrt. Man merkt ihm fast eine Lust am Fabulieren an. Er erzählt mit einem einzigen Bild eine Geschichte, in die wir fast hinein gesogen werden, eine Geschichte, die eine Außen- und eine Innenseite hat. Außen herrscht Dramatik, äußerste Lebensgefahr, Kampf um Überleben, Zupacken, Klammern, Schaffen.

Und doch zieht Jesus mit seiner Ruhe unsere Blicke immer wieder an. Er ist das Gegenbild zu der hektischen und chancenlosen Aktivität der Jünger im vorderen Bootsteil. Er ist ein Ruhepunkt mitten in Bewegung, mitten im äußerlichen Chaos. Es kommt darauf an – das ist die innere Seite in dieses Bildes und auch die Aussage der biblischen Geschichte – diesem Christus zu vertrauen. Diese Entscheidung im Inneren kann einem niemand abnehmen. Aber Rembrandt führt den Betrachter da hin. Und wer genau hinsieht, erkennt das Licht um Jesu Haupt.

Das ist das eigentliche Wunder der Sturmstillung, dass Jesus mitten im Chaos ansprechbar ist. In Rembrandts Bild finden wir Menschen, die kämpfen, die Hand anlegen und alles tun, was in ihrer Macht steht und Menschen, die aufgegeben haben, die eingesehen haben, dass es mit ihrer Macht begrenzt ist – und wir finden den Mann, der alles geschehen lässt, eine Zeitlang. Bis er den Menschen klarmacht, was sie am Nötigsten brachen: Vertrauen.

Martin Anefeld, Pfr.

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